Forschungen zur Archäologie im Land Brandenburg 10

Inhalt

Gisela Eberhardt, Jungsteinzeitliche Funde vom Nuthe-Oberlauf bei Jüterbog, Lkr. Teltow-Fläming. Zur Neolithisierung einer brandenburgischen Kleinregion

Die behandelte Region, die sich großflächig mit dem Testgebiet 4, Fläming, des Projektes „Archäoprognose“ deckt, erschließt sich in diesem Beitrag primär über die in Jahrzehnten gezielt gesammelten Lesefunde. Form- und Stilanalysen an verzierter Keramik ermöglichen es, die relativchronologische Abfolge der jungsteinzeitlichen Fundplatzbelegung zu rekonstruieren. Die zusätzliche Untersuchung von Steinartefakten und die Auswertung von Luftbildern lassen darüber hinaus Aussagen zur Belegungsdichte der Region und zur Funktion der Fundplätze zu; Grundlage ist eine umfassende Quellenkritik.

The region under discussion, which coincides extensively with Test Area 4 (Fläming Region) of the Archaeo-Prognosis Project, is researched almost exclusively on the basis of surface finds collected over the years. A chronology of Neolithic sites is developed on the basis of the typology of the decorated pottery. Aerial surveys and lithic inventories are also included in this study.
The amount, type and quality of the artefacts reveal above and beyond the chronological aspects indications of settlement density and site usage in the region. Basis of the study is a comprehensive evaluation of the source material.

Benjamin Ducke, Ein Erosionsmodell für die brandenburgische Archäologie.
Belege zur Akkumulation und Erosion am Beispiel des Fundplatzes Dyrotz 37, Lkr. Havelland

Die Arbeit untersucht die Zusammenhänge zwischen prähistorischen Fundplätzen und ihrer geomorphologischen Umgebung und leitet daraus ein Modell für die Beziehung zwischen oberirdisch sichtbarer Fundstellenverbreitung und dem zu erwartenden Erhaltungszustand individueller Fundstellen ab. Stellvertretend für die geomorphologisch-archäologische Situation in weiten Teilen Brandenburgs wird ein Testgebiet von ca. 53 km2 im Havelland westlich von Berlin bearbeitet.
Über ein generalisiertes Erosions- und Akkumulationsmodell entsteht eine formale Beziehung zwischen den oberirdisch sichtbaren Resten und der tatsächlichen, unterirdischen Substanz der Fundstellen, um das archäologische Potenzial einer Landschaft auch ohne zeit- und kostenintensive Feldbegehungen besser einschätzbar zu machen. Eine präzisere Vorstellung vom archäologischen Potenzial einer Landschaft verschafft ein räumliches Modell – einerseits von der Verbreitung und Mächtigkeit der die Fundstellen überdeckenden Kolluvien im Unterhangbereich und andererseits der von Erosion besonders schwer betroffenen Oberhanglagen. Die dabei vorausgesetzten Prozesse werden anhand einer großen Zahl von bereits dokumentierten geo-archäologischen Aufschlüssen der Landschaft sowie der Ergebnisse der Siedlungsgrabung Dyrotz 37 im brandenburgischen Havelland belegt.
Den spezifischen Belangen von archäologischer Siedlungsforschung und Bodendenkmalpflege tragen die Schwerpunkte Integration von Archäo- und Geoinformationen und Anwendbarkeit bzw. Effizienz des entwickelten Modells Rechnung.

The study investigates coherencies between prehistoric sites and their geomorphological environment from which it derives a model of the relationship between the visible, above-ground site distribution and the expected state of preservation of individual find sites. Being broadly representative of the geomorphological and archaeological situation in Brandenburg, a test area of ca. 53 km2 within Havelland region, west of Berlin, is chosen for the study.
On the basis of a generalized model of erosion and deposition a formal relationship is established between the visible above-earth remains and the real potential of the buried site in order to evaluate the archaeological potential of a given landscape without time-consuming and costly fieldwalking. An important aspect of the precise appraisal of a landscape’s archaeological potential will be the concept of a spatial model of colluvium depth and distribution that covers find spots in lower (toe) slope regions as well as erosion in hilltop locations.
The assumed processes are documented on the basis of a great number of previously recorded geo-archaeological observations together with the results of the settlement excavation at Dyrotz 37, in the Havelland region.
The specific requirements of archaeological settlement research and monument conservation are adequately accommodated for by the model’s practicality and efficiency in focussing on the integration of geomorphological and archaeological information.

Christian Matthes, Standortfaktoren von Luftbild- und Lesefundplätzen am Beispiel des Testgebietes 4 Fläming

Hinsichtlich der Faktoren Höhe, Hangneigung, Abflussverhalten und Bodensubstrat werden die Ergebnisse von Luftbild- und Lesefundprospektion des Testgebietes 4 miteinander verglichen. Beide Methoden können sich gut ergänzen, auch wenn teilweise sehr ähnliche Resultate vorliegen. Bei sandigen Böden in Niederungsnähe und in anmoorigen Gebieten hat die Lesefund-, bei Lössböden die Luftbildprospektion Vorteile.

With regard to factors such as elevation, slope gradient, drainage and soil quality, the results of aerial survey and field walking within Test Area 4 are compared to each other. Both methods can be considered complimentary, even if they do, to some extent, generate very similar results. Field-walking proves itself advantageous on sandy soils near low lying areas and boggy regions, whilst loess soils would best be explored via aerial survey.

Ulla Münch/Marco Zabel, Archäoprognose Brandenburg: Zwischenbericht zum Forschungsprojekt

Neben einer Einführung in das Forschungsprojekt und der Vorstellung der sieben Testgebiete wird die Anfertigung erster Archäoprognosekarten schrittweise erklärt.
Grundannahme des Archäoprognosemodells ist, dass es einen Kausalzusammenhang von Umweltparametern und Fundstellen gibt. Determinierend wirken demnach zum einen die gesellschaftlichen Komponenten Ökonomie und „Weltbild“, zum anderen die landschaftliche Komponente mit den Parametern Höhe, Wasserentfernung, Bodenbeschaffenheit, Hangneigung und Exposition unter Berücksichtigung landschaftlicher Dynamik wie Bodenbildung, Sedimentation, Erosion und Flusslaufverlagerungen.
Auf der mithilfe von Umweltdaten und bekannten archäologischen Fundstellen erstellten Karte werden in einem weiteren Schritt Verdachtsflächen ausgewiesen, für deren Berechnung verschiedene Verfahren möglich sind. Die geeignete Methode richtet sich nach der Fragestellung und/oder der Datenbasis.
Am Beispiel des Testgbietes 4, Fläming, werden die genannten Arbeitsschritte vollzogen und verschiedene Prognosemethoden erprobt.

Alongside an introduction to the research project and the seven test areas, the creation of the Archaeo-Prognosis maps is explained step by step. The basic premise of the Archaeo-Prognosis model is that a causal connection exists between environmental parameters and site location. This is determined, on the one hand, by the social components such as economics and view of the world and, on the other hand, by physical elements such as elevation, distance from water, soil conditions, slope gradient and exposure. These are, in turn, considered alongside the dynamics of pedogenesis, sedimentation, erosion and meandering.
On the map created with the help of environmental data and known archaeological sites areas of potential interest, whose calculation can entail one of several possible methods, are plotted at a later stage. The most suitable procedure is defined by the research goals and/or database.
By way of the example of Test Area 4 (Fläming Region) all the named stages of work are implemented and a number of prognostic methods are tested.

Benjamin Ducke, Ein archäologisches Prädiktionsmodell für das Bundesland
Brandenburg: Methoden, Datengrundlagen und Interpretationen

Der Beitrag beschreibt den Untersuchungsaufbau und erste Resultate einer „Archäoprognose“ für das Bundesland Brandenburg. Wie sich zeigt, ermöglicht auch die Verwendung relativ grobmaßstäbiger Untersuchungsmerkmale relevante Aussagen über prähistorische Siedlungsprozesse.
Zur optimalen Kombination der vorhandenen Informationen wird ein generalisiertes Wahrscheinlichkeitsmodell nach der Dempster-Shafer-Theorie verwendet. Der Wert des Modells liegt neben den Aussagen zu prähistorischen Siedlungsprozessen auf Landschaftsmaßstab in der Verwendbarkeit als Werkzeug zur Unterstützung von großflächigen denkmalpflegerischen Entscheidungen.

The present paper describes the investigative methodology and first results of the Archaeo-prognosis Project for the State of Brandenburg. It can be shown that with the application of even relatively large-scale analytical procedures relevant statements about prehistoric settlement processes are possible.
A generalized probability model based on the Dempster-Shafer Theory is used to optimize the combination of available information. In addition to the evaluation of prehistoric settlement processes, the value of the model lies in its use as a tool for historic monument conservation decision making at regional planning level.

Susanne Jahns/Ulla Münch, Pollenanalytische Untersuchungen zur Siedlungsgeschichte am Gabelsee, Lkr. Oder-Spree, im Vergleich mit einer archäologischen Verdachtsflächenkarte

Der Beitrag zeigt, dass die Pollenanalyse eine wichtige Rolle für die Vorhersage von potenziellen Siedlungsflächen spielen und darüber hinaus eine grobe Berechnung der Siedlungsdauer bieten kann. Insbesondere wenn die archäologische Datenbasis keine genaue Datierung zulässt, ermöglicht die Pollenanalyse in Verbindung mit der 14C-Datierung eine wichtige Erweiterung der Kenntnisse.1 Im vorliegenden Fall konnten die Ergebnisse der Archäoprognosekarte mit denjenigen der Pollenanalyse des Gabelsees verglichen und für diesen lokalen Raum bestätigt werden.

The article shows that pollen analysis plays an important role in the prediction of potential settlement areas and, furthermore, can offer a crude determination of settlement duration. Especially when the archaeological data fails to offer a possibility of dating, pollen analysis in connection with 14C can importantly broaden the knowledge base. As in the present case, the results of the Archaeo-Prognosis mapping and the pollen analysis of the Gabelsee are compared and, within this vicinity, confirmed.