Acht Jahre Stadtgrabung in Jüterbog

2024/09

Vier Informationstafeln informieren über die Ergebnisse

Seit 2015 begleitet das Referat Großvorhaben, Sonderprojekte und Stadtarchäologie des BLDAM die grundhafte Sanierung der Bundesstraße 102 in ihrem kilometerlangen Verlauf durch die Altstadt von Jüterbog. Dabei bot sich der seltene Einblick in einen archäologischen Querschnitt durch das mittelalterliche Stadtbild.

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Tafel vor dem Dammtor am Standort der Heiliggeistkapelle mit dem angrenzenden Hospitalfriedhof.
Foto: J. Stark, BLDAM

Mit ihrer Lage an der in die östlichen Reichsgebiete führenden Schlesischen Fernstraße nahe eines Übergangs über die Nuthe und als Stadtgründung Magdeburger Rechts an ein slawisches Burgzentrum anknüpfend, war Jüterbog seit dem hohen Mittelalter als lokaler und Fernhandelsmarkt ein frühstädtisches Zentrum im Fläming. Die im unmittelbaren Vorfeld des Bauprojektes und parallel zum Straßenbau notwendigen Grabungen legten im Straßenraum und in den tiefen Gräben der Versorgungsleitungen auf einer Gesamtfläche von fast drei Hektar mehr als 1800 Befunde frei. Sie gehörten einerseits zu Siedlungen der jüngeren Bronze- und frühen Eisenzeit, in ihrer großen Mehrheit aber in das spätslawische Mittelalter und die Zeit seit der Stadtgründung im späten 12. Jahrhundert.

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Die Infotafel an der Großen Straße thematisiert die Ausgrabungskomplexe Holzstraßen, Wasserversorgung und Entwässerung sowie Straßenrandbebauung und Marktbuden. Foto: J. Stark, BLDAM

Die Ausgrabungen erfassten im Verlauf der Großen Straße und der Pferdestraße die Randbebauung eines damals sehr viel engeren Straßenzuges, befestigt durch mehrphasige Bohlenwege und begleitet durch aufwändig konstruierte, hölzerne Entwässerungskanäle. Hölzerne Keller, Kellergruben und die Schwellsteinreihen von Ständerbauten prägten das Bild. Nahe des Rathauses wurden Baureste von Marktbuden dokumentiert. Am westlichen Stadttor, dem Dammtor, legte die Grabung die Fundamente der bereits 1173 erwähnten Katharinenkapelle mit den umliegenden Bestattungen des Hospitalfriedhofes frei. Im westlichen Abschnitt der Baumaßnahme wurde am Schlosspark eine bisher völlig unbekannte, mehrgliedrige, um 1300 errichtete Holz-Graben-Befestigung der Burg ausgegraben. Die ältesten Dendrodaten der Stadtgeschichte lieferten die Spaltbohlen eines mehrphasigen Bohlenweges in der Dennewitzer Straße, der wie die Holzstraße in der Großen Straße auch schon im späten 12. Jh. angelegt worden war.

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Tafel an der Dennewitzer Straße zu dem dort ausgegrabenen Bohlenweg des späten 12. Jh. und Siedlungspuren der jüngsten Bronzezeit. Foto: J. Stark, BLDAM

In Zusammenarbeit mit der Stadt Jüterbog als Auftraggeberin des Bauprojektes stellte sich die Frage, wie die Forschungsergebnisse einer breiten und sehr interessierten Öffentlichkeit dauerhaft präsentiert werden könnten. Es gelang, auf großformatigen Informationstafeln an vier Standorten in der Stadt wesentliche Aspekte der Grabungen und damit der Jüterboger Stadtgeschichte zu präsentieren. Über einen QR-Code wird der Betrachter auf eine Internetseite der Stadt Jüterbog geleitet, die weitere Details und Fotos des Grabungsgeschehens bietet. Hier finden sich auch die im Jahrbuch Archäologie in Berlin und Brandenburg publizierten Ausgrabungsberichte. Zudem wurde der Grundriss der Katharinenkapelle im Straßenpflaster des Heilig-Geist-Platzes mit farbigen Steinen markiert. Die Tafeln konnten im September 2023 am Tag des offenen Denkmals im Rahmen eines Bürgerfestes der Öffentlichkeit übergeben werden und sollen nun für viele Jahre das Interesse der Besucher an der Geschichte ihrer Stadt und an der Archäologie, die ihr kulturelles Erbe vor dem unwiederbringlichen Verlust rettet, wecken.

Joachim Stark, Katharina Rothe

Ausgrabung:
Referat Braunkohlenarchäologie, Großvorhaben, Sonderprojekte und Stadtarchäologie des BLDAM

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Silberanhänger eines Pferdegeschirrs als Harpyie aus dem Bohlenweg der Großen Straße (1. H. 13. Jh.). Foto: E. Kirsch, BLDAM

Literatur

Stark, Joachim u. Daniel Dosdall: Bohlenwege vor der Kellertür. Die ältesten Holzstraßen von Jüterbog, Lkr. Teltow-Fläming. Archäologie in Berlin und Brandenburg 2017 (2019), 112-115.

Stark, Joachim u. Katharina Rothe: Neben der Holzstraße. Wasserwirtschaft und Baustrukturen im mittelalterlichen Jüterbog. Archäologie in Berlin und Brandenburg 2019 (2021), 84-89.

Jungklaus, Bettina u. Joachim Stark: Kapelle und Friedhof. Erneut Grabungen in Jüterbog, Lkr. Teltow-Fläming. Archäologie in Berlin und Brandenburg 2020 (2022), 111-116.