Eisenzeitliche und slawische Siedlungsspuren in Schenkendorf

2024/03

Lkr. Dahme-Spreewald

Abb. 1: Schenkendorf 4. Luftbild der teilaufgedeckten Grabungsfläche von Süden. Foto: D. Dosdall, BLDAM, 2022

Westlich von Schenkendorf bei König Wusterhausen liegt eine alte Siedlungskammer, in der das Nottetal eine Biegung nach Osten vollzieht, sodass eine flache Kuppe als Sporn über dem Tal thront. Hier lag ein Siedlungsplatz, der in der vorrömischen Eisenzeit und in slawischer Zeit genutzt wurde. M. Brumlich konnte mittels in Schenkendorf geborgener Schlacken einen der ältesten Eisenverarbeitungsplätze in Brandenburg nachweisen.[1]

Abb. 2: Lage des Fundplatzes Schenkendorf 4 im Luftbild
und im digitalen Höhenmodell.
Quelle: BLDAM, kvwmap 2023

Der Ausbau einer alten Fernwärmeleitung zwischen Schenkendorf und der A13 machte 2022 neue archäologische Grabungen notwendig (Abb. 1). Da der Schnitt der Gasleitung folgte, war die Form der Grabungsfläche ungewöhnlich: der Nord-Süd ausgerichtete Schnitt war 347 m lang aber lediglich 6,5-15 m breit. Die nördliche Hälfte des Schnitts befand sich im mit weißem Schwemmsand bedeckten Talbereich, während die Südhälfte sich bereits am Hang erstreckte (Abb. 2). Während der Grabung wurden 131 archäologische Befunde dokumentiert, die fast alle im nördlichen Drittel der Fläche und damit im Niederungsbereich lagen (Abb. 3).

Abb. 3: Schenkendorf 4. Grabungsplan. F. Schreiber, BLDAM

Die meisten Befunde gehörten zu einer Siedlung der vorrömischen Eisenzeit (ca. 600-9 v.u.Z.), die auf ca. 85 m Länge nachgewiesen werden konnte. Neben zahlreichen Siedlungsgruben kamen 50 Pfosten zutage, die aufgrund der linearen Form der Grabungsfläche nicht zu Gebäudestrukturen rekonstruiert werden konnten. Eisenverarbeitung kann durch große Mengen Schlacke belegt werden, allerdings fehlen die zugehörigen Rennofenbefunde. Sie standen wohl außerhalb der eigentlichen Siedlung, weiter oben im Hang. Spinnwirtel, Reibeplatten und zahlreiche Tierknochen belegen Landwirtschaft.

Abb. 4: Schenkendorf 4. Reste eines slawischen Kastenbrunnens mit 2 bis 3 erhaltenen Lagen von an den Ecken verkämmten Eichenbohlen und Steinpackung in der Baugrube (hier bereits entfernt), Fälldatum: um 830 n. Chr. Foto: F. Schreiber, BLDAM, 2022

Die spektakulärsten Befunde auf der Fläche waren aber fünf Brunnen. Zwei Brunnen wiesen Schächte auf, die mit einem, heute weitestgehend vergangenen, Weidengeflecht ausgesteift waren. Diese beiden Brunnen gehörten vermutlich zur eisenzeitlichen Siedlung. Darüber hinaus wurden jedoch auch drei Brunnen aus dem Mittelalter ausgegraben. Am besten erhalten war ein slawischer Kastenbrunnen mit 30 cm erhaltener Höhe (Hölzer um 830 n. Chr. gefällt, Abb. 4). Eine ungewöhnliche Konstruktion wies ein Brunnen aus dem Mittelalter (Hölzer um 1200 n. Chr. gefällt) mit einem einlagigen dreieckigen (!) Holzkasten auf (Abb. 5). Ein weiterer Flechtwerkbrunnen war mit einer massiven Steinpackung in der Baugrube ausgestattet (Abb. 6). Unter den Steinen lagen außerdem sekundär genutzte Hölzer kreuz und quer in der Baugrube und dem Brunnenschacht.

Abb. 5: Schenkendorf 4. Reste eines mittelalterlichen Brunnens mit einer dreieckigen Quelleinfassung, Fälldatum: um 1200 n. Chr. Foto: F. Schreiber, BLDAM, 2022

Die mittelalterlichen Brunnen liegen in mehreren Kilometer Entfernung zu den heutigen Orten Schenkendorf, Ragow und Mittenwalde und belegen damit wohl die Existenz einer bisher nicht lokalisierten mittelalterlichen Wüstung. Im oberen Hangbereich wurden bei einer vorherigen Grabung Gruben und Feuerstellen mit Keramik aus der Slawenzeit (ab 565 u.Z.) dokumentiert.[2] Auch der Flurname „Alt Schenkendorf“ könnte auf eine verlassene Vorgängersiedlung zu Schenkendorf verweisen.

Abb. 6: Schenkendorf 4. Ungewöhnlicher Brunnen mit massiver Steinpackung in der Baugrube. Unter den Steinen lagen ungeordnete Hölzer. Der Brunnenschacht war Weidengeflecht ausgesteift. Foto: F. Schreiber, BLDAM, 2022

Die Grabung konnte nachweisen, dass in den Jahrhunderten vor unserer Zeitrechnung eine Siedlung am Rande der Notte-Niederung stand, die in erheblichem Umfang Eisen verarbeitete. Nach bisherigem Wissensstand war diese Siedlung unbefestigt. Auf derselben Fläche legte man ca. 1000 Jahre später Brunnen für eine nahegelegene Siedlung an. Im Gegensatz zu den eisenzeitlichen Bewohnern bauten die Menschen des Mittelalters ihr Dorf allerdings nicht in der Flussniederung, sondern am Hang.

F. Schreiber, BLDAM


[1] M. Brumlich, Eisenverhüttung und -verarbeitung in der vorrömischen Eisenzeit. Funde von der Hochfläche des Teltow. In: M. Meyer (Hrsg.), Haus – Gehöft – Weiler – Dorf. Siedlungen der vorrömischen Eisenzeit im nördlichen Mitteleuropa. Berliner Archäologische Forschungen 8 (Rahden/Westf. 2010) 61-84.

[2] F. Biermann/E. Kirsch, Früh- bis mittelslawische Siedlungsbefunde vom Siedlungsplatz Schenkendorf Fpl. 4, „Alt Schenkendorf“. In: F. Biermann/J. Macháček/F. Schopper (Hrsg.), An Thaya und Notte im Mittelalter. Vergleichende archäologische Untersuchungen zu Sozial- und Siedlungsstrukturen im westslawischen Raum (6. bis 13. Jahrhundert) (Bonn 2015) 217. 221-223.