Außergewöhnliche Bronzefunde aus Cottbus

2024/07

©
Abb. 1: Freilegung von modernen Punktfundamenten. Blick nach NW. Foto: Amanda Petke, BLDAM

Für den Neubau von zwei ICE-Hallen auf dem Gelände des Instandhaltungswerks der Deutschen Bahn AG (Neues Werk Cottbus) fanden von September bis Dezember 2021 großflächige archäologische Untersuchungen in Cottbus statt. Die Ausgrabungen auf einer Fläche von circa 6200 m² erbrachten wie erwartet moderne Aufschüttungen und Planierschichten, die zahlreiche Überreste der ehemaligen Bahnanlagen in Form von Mauerfundamenten, Rohr- und Kabelleitungen enthielten (Abb. 1).

©
Abb. 2: Untere Hälfte einer nur teilweise freigelegten Kegelhalsterrine mit einem Bronzemesser in situ. Foto: Rainer Bartels, BLDAM

Unter und zwischen den neuzeitlichen Befunden fanden sich aber auch Überreste einer bislang unbekannten Siedlung der jüngeren Bronzezeit, die sich fast über das gesamte Baufeld erstreckte. Am nordwestlichen Rand der Grabungsfläche konnten zudem zwei jungbronzezeitlichen Brandbestattungen freigelegt werden. In einer Bestattung fand sich eine auf dem Rand stehende Kegelhalsterrine, an deren Rand ein länglicher Bronzegegenstand senkrecht im Boden steckte (Abb. 2). Dabei handelt es sich um ein 10 cm langes skalpellförmiges Gerät, das eine kleine trapezförmige Spitze und einen langen dünne Griffdorn mit quadratischem Querschnitt aufweist (Abb. 3). Die beiden Bestattungen bilden offenbar den Ausläufer eines Urnengräberfeldes, das sich etwa 300 m nördlich auf dem Gelände der Alvensleben-Kaserne befindet.

Bronzemesser (Skalpell) mit einem langen quadratischen Griffdorn©
Abb. 3: Bronzemesser (Skalpell) mit einem langen quadratischen Griffdorn. Foto: Rainer Bartels, BLDAM

Der außergewöhnlichste Fund gelang bei der Anlage des Planums zwischen den modernen Punktfundamenten. Dort wurden völlig unerwartet zwei ineinander verhakte Armreifen im anstehenden Sand aufgedeckt (Abb. 4 bis 6).

©
Abb. 4: Zwei Bronzearmreifen der jüngeren Bronzezeit, ca. 1200 – 1000 v. Chr. Foto: Elisabeth Kirsch, BLDAM

Die nahezu identischen Ringe weisen einen C-förmigen Querschnitt mit einer leicht konkaven Innenseite und einer runden Außenseite mit einer kräftigen Querrippung auf. Die offenen Enden sind leicht verdickt. Die Größe beträgt jeweils etwa 7 x 6 cm und der Querschnitt 1,4 – 1,5 cm. Trotz der fast identischen Größe sind die Ringe mit einer Masse von 86 und 76 Gramm unterschiedlich schwer. Gerippte Armbänder mit C- förmigem Querschnitt treten in der älteren Stufe der jüngeren Bronzezeit auf (Stufe Bronze D/ Hallstatt A, circa 1200 – 1000 v. Chr.).

©
©
Abb. 5 und 6: Die Armreifen (Vorder- und Rückseite) weisen fast identische Maße auf. Fotos: Peter Stauffer, BLDAM

Auffallend ist, dass die beiden Ringe ohne erkennbaren Befundzusammenhang gefunden wurden. In der Umgebung wurden zwar einzelne Keramikscherben geborgen, es war aber keine Verfärbung im Boden erkennbar, die auf eine Siedlungsgrube oder eine Bestattung hinweisen könnten. Ihre unmittelbare Nähe zu den neuzeitlichen Fundamenten und die Scherbenfunde in der Umgebung lassen jedoch vermuten, dass die Bronzeringe ursprünglich in einem Gefäß deponiert waren und erst später verlagert wurden.

Das paarweise Auftreten der Ringe deutet darauf hin, dass sie absichtlich zusammen vergraben wurden. Ein solches Phänomen wird als Hort- oder Depotfund bezeichnet.  Hortfunde treten in der jüngeren Bronzezeit des Öfteren auf. Sie können als Opfer an eine Gottheit gedeutet werden, da die Ringe auf diese Weise ihrer profanen Nutzung als Schmuck- und Wertgegenstände entzogen wurden. Möglich ist aber auch eine Deutung als ein Händlerdepot oder allgemein als ein Versteck kostbarer Gegenstände, die später nicht mehr geborgen werden konnten.  

Rainer Bartels, BLDAM