Feuchtbodenerhaltung in Friesack

Denkmalpflege auf einem steinzeitlichen Fundplatz von europäischem Rang

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Grabungskampagne Friesack in den 1980er Jahren. Foto: B. Gramsch, BLDAM

Fundplätze mit Feuchtbodenerhaltung sind besonders wertvolle archäologische Archive. Hier können sich auch filigrane organische Materialien über Tausende von Jahren im feuchten Sediment unter Luftabschluss hervorragend erhalten. Ein besonders eindrucksvolles Beispiel ist der steinzeitliche Fundplatz Friesack 4 nordwestlich von Berlin. Um den außergewöhnlichen Feuchtbodenfundplatz für die Zukunft besser erhalten zu können, wird derzeit ein denkmalpflegerisches Schutzkonzept erarbeitet.

Steinzeitliche Knochenspitzen mit Pechresten. Foto: B. Gramsch, BLDAM

In Friesack untersuchte Bernhard Gramsch in den 1980er Jahren fast 300 qm Feuchtbodenbereich. Insgesamt wurden mehr als 130.000 Silexartefakte, über 800 teilweise verzierte Knochen- und Geweihartefakte und mehr als 130 hölzerne Artefakte geborgen. Dazu kommen über 3.000 Fragmente von Schnüren, Seilen und Netzen aus Weidenbast. Dieses Fundmaterial macht Friesack 4 zu einem der wichtigsten mesolithischen Fundplätzen Europas.

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Reste des “ältestes Netzes der Welt”. Foto: B. Gramsch, BLDAM
Behälter aus Birkenrinde. Foto: D. Sommer, BLDAM

Das Fundpotential von Friesack 4 ist auch heute noch hoch, vor allem, da Teile der fundreichen Areale bislang im Boden verblieben sind. Durch weiterhin bestehende Melioration und die heute immer häufigeren trocken-warmen Umweltbedingungen besteht Handlungsbedarf für diesen bedeutenden Fundplatz, denn das Trockenfallen führt nach und nach zur Zersetzung der organischen Artefakte aus Holz, Knochen, Geweih und Bast. Um diese einzigartigen Kulturschätze langfristig zu erhalten, hat das BLDAM erste Feldarbeiten zur Evaluierung des Zustandes vorgenommen und mögliche Schutzmaßnahmen erarbeitet, die mittelfristig umgesetzt werden sollen.

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Sondage im Jahr 2024. Foto: A. Kotula, BLDAM

Zur Prüfung der Gefährdungslage wurden in einem ersten Schritt die Pegelstände aus jüngerer Zeit der umliegenden Wehre abgefragt und mit der bekannten Stratigraphie der Fundstelle abgeglichen. Dabei zeigte sich, dass fast die gesamte Fundschicht bereits zeitweilig trockengefallen und damit langfristig gefährdet ist. Um den momentanen Zustand des Fundmaterials zu ermitteln, wurden mit Bohrungen und kleinen Sondagen Artefakte aus den Fundschichten geborgen. Ein Holzfragment wurde zur Begutachtung an die Restaurierung des BLDAM übergeben. Ein Schildkrötenpanzerfragment wurde mikroskopisch untersucht und belegt den im Moment noch guten Zustand des robusteren organischen Materials in Friesack. Es muss jedoch davon ausgegangen werden, dass die organischen Funde regelmäßig trockenfallen und eine Zersetzung ohne Schutzmaßnahmen nicht zu verhindern ist.

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Grabungs- Vermessungsarbeiten im Jahr 2024. Foto: D. Schulz, BLDAM

Um den Fundplatz zu erhalten, ist ein dauerhaft stabiles, feuchtes Milieu erforderlich. Durch eine Wiedervernässung könnte ein stabiler Wasserstand im Bereich des Fundplatzes erreicht werden. Ein kurzfristiges Ziel der derzeitigen Untersuchungen ist die Erarbeitung eines Schutzkonzeptes. Dabei wird die Zusammenarbeit mit unterschiedlichen Institutionen aus den Bereichen Moorschutz, Renaturierung, Gewässerunterhaltung und Landwirtschaft angestrebt. Das übergeordnete Ziel ist es, Fundplätze in den Niederungsgebieten des Rhin und Havelländischen Luchs in einem dauerhaft feuchten Milieu für die Nachwelt zu erhalten und dies mit gezielten Ausgrabungen zu aktuellen Fragestellungen zu ergänzen.

Andreas Kotula, Deborah Schulz

Weiterführende Literatur

B. Gramsch, Friesack 4 – eine Feuchtbodenstation des Mesolithikums in Norddeutschland. In: N. Benecke, B. Gramsch, S. Jahns (Hrsg.), Subsistenz und Umwelt der Feuchtbodenstation Friesack 4 im Havelland. Arbeitsberichte zur Bodendenkmalpflege in Brandenburg 29 (Wünsdorf 2016) 9-24