Erneut bronzezeitliche Häuser beim „Königsgrab“ von Seddin entdeckt
©Im dritten Jahr des DFG-Projekts „Siedlungsumfeld Seddin“ kamen erneut bronzezeitliche Häuser und nun auch umfangreiches Fundmaterial zum Vorschein. Die Ausdehnung der Siedlung beim “Königsgrab” kann nun besser eingeschätzt werden. Noch in bis zu einem Kilometer Entfernung standen Häuser.
In diesem Jahr wurde dabei die bisher größte Flächenausdehnung in dem Kooperationsprojekt des Seminars für Ur- und Frühgeschichte Göttingen und des Brandenburgischen Landesamts für Denkmalpflege und Archäologisches Landesmuseums untersucht. Nach ca. 1300 m2 im Jahr 2023, 1600 m2 im Jahr 2024 waren es in diesem Jahr knapp 2300 m2. Mit vier Grabungsflächen mit einer Breite von bis zu 7 m bei einer Länge von über 100 m ging das Projektteam der möglichen östlichen Ausdehnung der Siedlung nach, die hier von einem Hang zur Stepenitzniederung begrenzt wird. Das Grabungsgebiet liegt ca. 800 m nordöstlich des Königsgrabs.
Die vier Grabungsflächen gaben verschiedene aufschlussreiche Einblicke, da zum Königsgrab zeitgleiches Fundmaterial der Zeit vom 11. Bis zum 8. Jh. v. Chr. geborgen werden konnte. Neben Einblicken in das Siedlungswesen im Allgemeinen und in die Verteilung der Gruben sind besonders vier Aspekte zu nennen:
Im Grabungsschnitt I kamen Befunde zutage, welche in ihrem Auftreten stark an Befunde bei Lenzersilge in der Prignitz erinnern, die Waltraud Bohm in den frühen 1930er Jahren ausgegraben hat. Diese Befunde wurden mit verschiedenen modernen Methoden untersucht, um die damalige Deutung als Innenflächen von Häusern zu überprüfen. Die Entwicklung der Forschung zu den Häusern hat nicht nur aufgrund der Entdeckungen in Seddin deutliche Fortschritte gemacht. Insofern wird man als „Nebeneffekt“ hoffentlich auch die Befunde aus Lenzersilge besser verstehen können.
Das Untersuchungsareal lieferte in verschiedenen Bereichen wiederum Gargruben und Feuerstellen. Die riesige Ausdehnung des Areals mit derartigen Befunden in Seddin lässt auf eine Nutzung für verschiedene Zwecke vermuten. Neben der Feuergrubenreihe und dem ebenfalls kultisch zu deutenden Gargrubenareal mit über 700 Befunden sind die in kleinen Gruppen oder einzeln anzutreffenden Gargruben ein Indiz für Nahrungszubereitung, handwerkliche Tätigkeiten oder zeitlich befristete Aufenthalte von Personen.
©Im Grabungsschnitt 2025/IV konnten im Gegensatz zu den zuvor untersuchten Grabungsflächen der zurückliegenden Jahre erhebliche Mengen an Keramik geborgen werden. Dabei fiel auf, dass es neben den üblichen großformatigen Vorratsgefäßen sehr viele kleinere, hervorragend gearbeitete und verzierte Terrinen, Schüsseln und Henkeltöpfe waren. Die Verzierung offenbart dabei zweierlei. Erste Vergleiche zeigen, dass es sich um Keramik handelt, die in den Regionen im Nordharz, dann aber auch im südlichen Brandenburg und in Sachsen anzutreffen ist. Die Verzierungen liefern dabei auch Hinweise auf die Alterseinordnung. Die Keramik ist ins 11. und 10. Jh. einzuordnen und liegt damit vor der Aufschüttung des Grabhügels des „Königs Hinz“. Die Menge an Keramik lässt einen „Import“ weitgehend ausschließen und deutet auf die Herstellung in der Prignitz.
©In den Grabungsflächen 2025/III und 2025/IV konnte jeweils ein Hausgrundriss entdeckt werden. In Schnitt III kam ein Pfostenbau in West-Ost Ausrichtung mit einer Breite von ca. 6.5 m und einer Länge von ca. 13 m zutage. Im Westteil des Baus war eine kleine Herdstelle erhalten. Von großer Bedeutung ist zusätzlich das in Fläche 2025/IV entdeckte Wandgräbchenhaus. Dieses zeigt einen „Fundamentgraben“. Ein ähnlicher Befund konnte bereits im vergangenen Jahr ca. 200 m nordwestlich des Königsgrabes im „Häusermeer“ dokumentiert werden. Das neu entdeckte Wandgräbchenhaus stimmt dabei gut mit dem Befund von 2024 mit einer Breite von ca. 7,5 m und einer Länge von maximal 17 m überein. Die exakte Länge ist nicht zu ermitteln. Das Ostende dürfte durch Pflugarbeiten zerstört worden sein. Im Grabungsschnitt war das nördliche Wandgräbchen nur nach ca. 1 cm stark erhalten, weiter im Westen noch knapp 15 Zentimeter. Das Bauprinzip der Häuser in Seddin wird durch diese Befunde deutlich.
©Mit diesem Hausgrundriss weit im Osten, an einer „Geländekante“ hin zur Niederung der Stepenitz wird die riesige Ausdehnung der Siedlung bei Seddin deutlich. Die Siedlung, die mit der „Halle des Königs“ 2023 nachgewiesen werden konnte, liefert Hinweise auf eine Ausdehnung von über einem Kilometer. Zum Königsgrab sind es ca. 900 m. Nicht vergessen werden darf dabei der frühzeitig ohne Dokumentation abgetragene Wickbold‘sche Berg, der ähnliche Ausmaße wie der monumentale Grabhügel des „Königs Hinz“ gehabt haben soll. So könnten die Grabhügel und umliegenden Häuser Teile einer Siedlung oder einer aus mehreren Gehöftgruppen zusammengesetzten, locker gestreuten Ansiedlung gewesen sein. Die Grabungen unterstreichen einmal mehr die Ausdehnung der Besiedlung um ca. 1000 v. Chr. Die Landschaft ist in der jüngeren Bronzezeit massiv genutzt worden. Vielfältige archäologische Relikte liegen in den heute genutzten Ackerflächen. Auch nach 12 weiteren im Projekt entdeckten Häusern bleibt die „Halle des Königs“ in ihrer monumentalen Größe bisher einzigartig.
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