Infrastruktur – Lausitzer Grubenbahn

Früheres und betriebenes Netz der Lausitzer Grubenbahn in zwei Spurweiten, hier: Sächsischer Teil. Karte: Darstellung auf der Grundlage von Daten der Lausitzer und Mitteldeutschen Bergbau-Verwaltungsgesellschaft mbH; Tom Pfefferkorn, LfD Sachsen

Neben der Verlegung von Flüssen und Straßen, dem Bau von Hochspannungsleitungen von den Großkraftwerken, dem Neuseenland mit Überleitern und Kanälen zwischen den Tagebauseen soll hier auf einige Besonderheiten des Lausitzer Reviers hingewiesen werden:

Da sind zum ersten die sogenannten „Großgerätetransporttrassen“ zu erwähnen. Das sind relativ ebene, von Bebauung und Bewuchs freigehaltene Transportschneisen für den Austausch von Tagebaugroßgeräten wie Tagebaubaggern oder Bandantriebsstationen. Viele bauliche Zeugnisse wie zum Beispiel breite Brücken über die Spree sind heute verschwunden, jedoch sind sie auch heute noch an manchen Stellen im Gelände auszumachen: Hochspannungsleitungen an extra erhöhten Masten oder breite, noch nicht wieder bewachsene Sandtrassen – sie alle künden vom wesentlich preiswerteren Landtransport von Tagebaugeräten. Eine De- und Wiedermontage wäre wesentlich teurer und vor allem zeitaufwändiger. Der letzte Baggertransport über Land war die Fahrt eines 3000 Tonnen schweren Gerätes vom Tagebau Nochten nach Reichwalde über 18 Kilometer und fand 2015 statt. Aber es geht auch länger: Vor 1989 „wanderten“ die Bagger hin und wieder aus der Niederlausitz in Richtung Lohsa und Nochten – manchmal um die 50 Kilometer weit.

Eine weitere Spezialität sind besonders lange Fernwärmetrassen: Die Versorgung der Hoyerswerdaer Neustadt erfolgt vom Kraftwerk Schwarze Pumpe ausgehend, über eine 17 Kilometer lange Rohrleitung. Weißwasser wird vom Kraftwerk Boxberg aus mit einer ebenso langen Leitung mit Fernwärme versorgt, Cottbus aus Jänschwalde über eine 16km lange Leitung.

Herzstück der Tagebaubetriebe, der Veredelungsbetriebe und des Versandes der Fertigerzeugnisse war bis weit in die 1980er Jahre die Lausitzer Grubenbahn. Lange Zeit gab es zum Schienentransport für die enormen Mengen an Kohle und Briketts, von Bau- und Hilfsstoffen sowie für die Baugruppen der Tagebaumaschinen keine Alternative. Die Transporte der Rohkohle, der Briketts, der Baggereimer und weiterer Großteile zu Reparaturzwecken bis in die Grube erfolgen nach wie vor über das Werkbahnnetz, wohingegen der reine Grubenbetrieb im Abraum und in der Kohle im Lausitzer Revier seit über einem Jahrzehnt komplett auf Bandanlagen umgestellt ist. Zunächst entwickelte sich der Kohletransport meist auf einer Spurweite von 600 mm. Die Veredelungsbetriebe lagen so dicht an der Grube, dass die Kohle, oft über Kettenbahnen, direkt in die Fabriken gefördert wurde. Der Abraumbetrieb wurde zum Teil bereits frühzeitig in einer Spurweite von 900 mm abgewickelt. Die Brikettfabriken hatten meist Anschluss an das Staatsbahnnetz – der Versand erfolgte über die Strecken der Länderbahngesellschaften und später die der Deutschen Reichsbahn. Die zunehmende Mechanisierung des Grubenbetriebes, mehrere Gruben- und Veredelungsstandorte einer Gesellschaft und längerfristige Lieferbeziehungen ließen seit etwa 1910 den Wunsch nach weiträumigeren, effektiveren Transportnetzen aufkommen. Jede Gesellschaft betrieb eigene Netze. Meist in Grubenspur 900 Millimeter ausgeführt, gab es bereits auch frühe Regelspurstrecken: so die Verbindung der „Ilse Bergbau AG“ von der Grube „Erika“ in Laubusch zum Kraftwerk Trattendorf. Sogenannte „Kohleverbindungsbahnen“ entstanden in der Folge zwischen Welzow/N.L. und Werminghoff/Knappenrode und später von dort zur Brikettfabrik „Clara III“ Zeißholz. Dies erhöhte die Flexibilität der Rohkohlezuführung aus verschiedenen Tagebauen zu den Veredelungsstandorten. Hinzu kam, dass sämtliche Abraumbewegungen und der Kohlefahrbetrieb aus der Grube mittlerweile weitgehend auf 900-Millimeter-Spur erfolgten, was zu umfangreichen Netzerweiterungen führte.

Es entstanden ein Vielzahl von betriebsnotwendigen Bauwerken – darunter ingenieurtechnische Meisterwerke wie die Brücken zu den Kraftwerken Laubusch und Lauta, die heute leider abgebrochen sind. Nach 1945 bestand die dringende Notwendigkeit, die überlebenswichtige Strom- und Brikettproduktion wieder in Gang zu bringen. Die nicht von Reparationen betroffenen Standorte der mittlerweile enteigneten Gesellschaften – sowohl Gruben als auch Veredelungsbetriebe – mussten schnellstens verbunden werden. Ab 1947 entstand die Strecke von Zeißholz nach Laubusch und der Abzweig nach Heye III/Heide bei Bernsdorf. Der starke Anstieg des Kohle- und Brikettbedarfs seit Ende der 1950er Jahre als Grundlage der Energiewirtschaft und Stahlerzeugung der DDR erforderte die weitere Erhöhung der Transportkapazität. Diese war nur durch die Umstellung von wesentlichen Teilen des bestehenden Netzes und den Anschluss von neu aufgeschlossenen Tagebauen auf Regelspur möglich. Zur Zeit der größten Netzausdehnung in den 1980er Jahren bestanden im Lausitzer Revier mehr als 1.200 Kilometer Kohlebahnstrecken in beiden Spurweiten. In Berzdorf/Hagenwerder und Olbersdorf in der südlichen Oberlausitz bestanden Inselnetze für die dortigen Tagebaue bzw. Kraftwerke.

Grubenlokomotive EL 3 für 900 mm Spurweite Nr. 4-98, aufgestellt am ehemaligen Tagebau Olbersdorf
Foto: Tom Pfefferkorn, LfD Sachsen

Nach 1989 wurde innerhalb von weniger als zehn Jahren durch die Schließung von Tagebauen, Kraftwerken und Veredelungsbetrieben das 900-Millimeter-spurige Netz vollständig stillgelegt. Das regelspurige Restnetz übernimmt bis heute und weiterhin die Verbindung der vier noch aktiven Tagebaue Nochten, Reichwalde, Welzow-Süd und Jänschwalde mit den Kraftwerken und einem verbliebenen Veredelungsbetrieb – der Brikettfabrik Mitte in Schwarze Pumpe. Die Steuerung erfolgt vom heutigen Netzmittelpunkt Schwarze Pumpe aus; die Instandhaltung ist ebenfalls dort angesiedelt.

Unbedingt zu erwähnen ist die 600 mm-spurige Waldeisenbahn Muskau, über deren ursprünglich mehr als 80 Kilometer langes Netz enorme Transportleistungen von Kohle und Briketts zu in der ehemaligen Standesherrschaft Muskau befindlichen Betrieben und zur Übergabe an die Deutsche Reichsbahn erbracht wurden. Es existierten auch innerörtliche Schmalspurbahnen zur Verteilung der Kohle an die Industrie, etwa in Forst und Spremberg.

Sowohl das heute betriebene, in Brandenburg und Sachsen noch etwa 200 Kilometer umfassende Netz der Werkbahn des Bergbaubetriebes als auch Relikte der ehemaligen Strecken sind von großem industrie-, eisenbahn- und regionalgeschichtlichen Interesse.

Quellen:

Kiesel, Reiner: Der kleine Kohlering der Deutschen Reichsbahn im Lausitzer Kohlerevier. Spitzkunnersdorf 2012

LMBV Lausitzer und Mitteldeutsche Bergbau-Verwaltungsgesellschaft mbH: Werkbahnen im Lausitzer Braunkohlenbergbau; Lausitzer Braunkohlenrevier, Wandlungen und Perspektiven 25, Senftenberg 2014

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