Städtebauliche Entwicklung

Luftbild von Mühlrose. Foto: R. Heynowski, LfA Sachsen 2022

Die jahrhundertelang dünn besiedelte und vor allem dörflich geprägte Lausitz brachte mit der sich durchsetzenden braunkohlebasierten Industrialisierung starke Veränderungsprozesse in Dörfern und Städten mit sich – neue zeittypische mithin urbane Bautypologien des Historismus hielten Einzug. Als beredtes Beispiel sei hier auf das Anwachsen der Stadt Weißwasser verwiesen. Zunächst von ruralen Bauformen (Schrotholzhäuser) mit nur vergleichsweise wenigen Einwohnern geprägt, entwickelte sich Weißwasser um die Wende zum 20. Jahrhundert infolge der Ansiedlung von schließlich insgesamt 11 Glashütten von einem Dorf hin zu einer Kleinstadt. Planerische Vorgaben wie ein hierarchisiertes Straßensystem mit Blockrandbebauung, das an die dörfliche Struktur andockte, und der infrastrukturellen Ausstattung bspw. mit Kanalisation und städtischen Elektrizitätswerk brachten neue Impulse. Gleichfalls entstanden die bisher nur wenig vertretenden Fabrikantenvillen, die zumeist auch mit großen Parkanlagen und Villengärten geplant worden sind.

Im Kontext der Tagebaue und der Ansiedlung von Begleitindustrien entstanden ab den 1910er Jahren Werkssiedlungen bzw. Arbeitersiedlungen in der Lausitz. Beispielhaft sei hier auf Knappenrode, Marga und Lauta verwiesen. Charakteristisch für diese Siedlungen bzw. Kolonien sind paternalistische Planungsideale, die in England Mitte des 19. Jahrhunderts zu vorbildhaften Siedlungen führten, und sich in der Lausitz mit den architekturtheoretischen bzw. sozialreformerischen Ideen von Ebenezer Howard zum Gartenstadtgedanke mischten. Große Bauvolumina wurden mittels typisierter Bauten umgesetzt und zu seinerzeitig als „malerisch“ beschriebenen, bisweilen aber auch stark geometrisch gedachten Großformen komponiert. Die Tendenz zu typisierten Wohnbauten und individuell entworfenen Sonderbauten (Läden, Kirchen, Gemeindehäuser) setzt sich in den 1920er und 1930er Jahren fort und wurde in der Nachkriegszeit – insbesondere zu DDR-Zeiten – noch ausgeprägter wiederaufenommen.

Luftbild der Hoyerswerdaer Neustadt. Foto: R. Heynowski, LfA Sachsen 2022

Auf Ebene der Landesplanung entstanden infolge der ersten Rekultivierungen von Tagebauen und der Ablagerung von Abraum außerhalb des Tagebaus (sog. Außenhalden) in den 1920er Jahren raumgreifende Bereiche in der Lausitz, die aufgrund der Gefahr von Erdrutschungen das Anwachsen von Dörfern und Städten und deren Infrastruktur teils stark bestimmten. Dieser Umstand, neben Problemen des Wasserhaushalts, prägt auch heute noch maßgeblich das städtebauliche Planen in der Lausitz.

Nach Ende des Zweiten Weltkriegs und mit der Gründung der DDR wurde der Bezirk Cottbus in der Lausitz im Sinne der Planwirtschaft zum Energiebezirk erkoren. Großmaßstäbliche Planungen, die zumeist in Wohnkomplexen organisiert worden sind, hielten Einzug. Für die größeren Städte entstanden ab den 1960er und 1970er Jahren Generalbebauungspläne als Planungsgrundlage. Das wohl bekannteste Beispiel ist die Hoyerswerdaer Neustadt, die als sozialistische Planstadt in erster Linie für die Beschäftigten des Kombinats Schwarze Pumpe entstand. Hoyerswerda wuchs so von einer Kleinstadt mit knapp 7.000 Einwohner im Jahr 1950 zu einer Stadt mit 70.000 Einwohnern im Jahr 1989.

Ähnlich rapide wie das Anwachsen der Infrastruktur gestaltete sich auch der Schrumpfungsprozess nach der Wiedervereinigung. Die massiven sozioökonomischen Umschichtungen waren vor allem auch durch den Wegfall an Arbeitsplätzen und einen daraus folgenden Wegzug gekennzeichnet. Das Überangebot bspw. an Wohnraum führte dazu, dass vielfach Wohnblöcke in Plattenbauweise „vom Markt genommen“ und abgerissen wurden. Dies führte in vielen Kommunen zu erheblichen Schrumpfungsprozessen.

Braunkohlenspezifisch führte der Grundwasseranstieg nach Einstellung der Grundwasserabsenkung durch Tagebaue in den 1990er Jahren z. B. in Lauchammer ebenfalls zu Absiedlungen.

Neben dem Themenfeld des zukunftsfähigen Stadtumbaus dominieren Fragen der weiteren Nutzung des dörflichen Raums, die Gestaltung der Lausitzer Seenlandschaft als Tagebaufolgelandschaft sowie tragfähige Infrastrukturprojekte die aktuellen städtebaulichen Diskussionen.