Zwangsarbeit in der Braunkohleindustrie

Kriegsgefangenenlager Elsterhorst, letzte original erhaltene Lazarett-Baracke mit Dokumentationszentrum. Foto: Anja Pust, LfA Sachsen

Der Braunkohleboom zu Beginn des 20. Jahrhunderts hatte durchaus seine Schattenseiten. Die Kohle musste gefördert, die “Brikettschlösser” und Werkssiedlungen mussten gebaut werden. Da die aus allen Landesteilen angeworbenen Arbeitskräfte nie ausreichten, die Männer eingezogen waren, zwang man bereits 1914 Kriegs- und Strafgefangene zur Schwerstarbeit. So wurden beispielsweise im „Lager I“ (Birkenhain) bei Laubusch zwischen 1914 und 1918 Kriegsgefangene, Strafgefangene und Dienstverpflichtete interniert, die beim Bau der Werkssiedlungen Lauta und Laubusch, der Brikettfabrik “Erika” und des Lautawerkes eingesetzt wurden.

„Halle 4“, Haftarbeitslager Knappenrode. Bildrechte: Nora Wiedemann, LfD Sachsen

Während des Zweiten Weltkrieges beschäftigte nahezu jedes große Unternehmen Zwangsarbeiter, die in eigens eingerichteten KZ-Außenlagern (Weißwasser, Niesky, Schwarzheide), in Kriegsgefangenenlagern oder direkt auf dem Werksgelände untergebracht waren. Aus Lauta sind drei Lager bekannt, in denen zwischen 1940 und 1945 mindestens 6.600, vermutlich sogar mehr als 10.000 Zwangsarbeiter interniert waren, die hauptsächlich im Lautawerk arbeiteten. Das Kriegsgefangenenlager Elsterhorst im heutigen Nardt versorgte als eines der größten Offiziersgefangenenlager in Sachsen zwischen 1939 und 1945 nicht nur alle Industrien der Umgebung mit Arbeitskräften, sondern auch die Land- und Forstwirtschaft sowie Klein- und Kleinstunternehmen; die Belegungszahlen schwankten meist um 4.000. Zwangsarbeit war keineswegs nur ein Phänomen zu Kriegszeiten. Seit den späten 1950er Jahren verfügte das Gaskombinat Schwarze Pumpe über eine Strafvollzugseinrichtung, die nahe den Tagebauen Haftarbeitslager betrieb, so in Knappenrode und Hörlitz. Bis zur politischen Wende wurden Häftlinge zu schwerster körperlicher Arbeit in den Instandhaltungswerken der Braunkohlegruben gezwungen. Die Aufarbeitung dieser jüngsten Vergangenheit ist seit den 2010er Jahren Teil des wissenschaftlichen Diskurses geworden